Unter dem Titel „Wir sind schon da“ ertönt im SZ Magazin ein gemeinsames Manifest von 185 Schauspieler*innen, die sich mit ihrer unterschiedlichen sexuellen Ausrichtung outen. Unter den Geouteten finden sich viele bekannte Namen. Der dort formulierte Aufschrei richtet sich primär gegen berufliche Konsequenzen, die der jeweiligen, vermeintlich nicht der Norm entsprechenden sexuellen Ausrichtung folgten. Es wird aber darüber hinaus bemängelt, dass man als Minderheit nicht mit seiner sexuellen Identität in der Gesellschaft sichtbar sei. Und da drängt sich mir die Frage auf, ob meine sexuelle Identität, ob in der Minderheit oder am Ende gar mehrheitsfähig, in der Gesellschaft sichtbar sein muss.
Gesellschaftsfähigkeit und Diskrimnierung
Spätestens seit den Coming Outs von Guido Westerwelle und Klaus Wowereit, ist Homosexualität, jedenfalls im breiten Bildungsbürgertum gesellschaftsfähig und kein Thema mehr. Und die ewig Gestrigen, die es immer geben wird, kann man auch durch Manifeste nicht belehren, weil eben der Intellekt dazu fehlt.
Soweit es -hier angesprochen- in der Filmbranche offene Diskriminierungen in Form von beruflichen Konsequenzen in Bezug auf die sexuelle Ausrichtung gibt, so gewährt der Gesetzgeber wirksame Werkzeuge zum Beispiel im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, kurz AGG. Hier kommt es dann aber folgerichtig nicht auf die Wahrnehmung der sexuellen Ausrichtung von Minderheiten an, sondern auf die Wahrnehmung von Diskriminierung durch einzelne Personen in der Filmbranche. Dagegen ist in jedem Falle vorzugehen.
Bedeutungslosigkeit der sexuellen Ausrichtung
Ich möchte mich hier und heute nicht zu meiner eigenen sexuellen Ausrichtung äußern, weil ich meine, dass dies niemanden etwas angeht. Ich möchte gerade nicht aufgrund meiner sexuellen Identität wahrgenommen werden. Die von mir gewünschte Wahrnehmbarkeit zielt auf andere Faktoren ab. Und auch in umgekehrter Richtung gilt dies für mich. Wenn ich Zuneigung zu anderen empfinde oder im Negativen gar Ablehnung, dann ist dies nicht der sexuellen Ausrichtung geschuldet, die ich in vielen Fällen gar nicht kenne. Denn nicht jeder ist bereit sich damit zu outen. Für mich ist sexuelle Ausrichtung anderer Menschen schlicht belanglos. Sie interessiert mich allenfalls dann, wenn ich mit einem Menschen eine sexuelle Beziehung aufnehmen möchte.
Resümee
Die Wahrnehmung gilt dem Menschen, nicht seiner sexuellen Identität.
Wird der Mensch beruflich oder auch anders diskriminiert, so gewährt der Staat vielleicht nicht perfekten, aber doch vielfältigen juristischen Schutz.
Und eines bitte ich bei allem Respekt zu beachten. Wenn sich Beachtung nur der Ausrichtung von Minderheiten widmet, dann spiegelt dies allenfalls einen Teil der Gesellschaft wider.
Ich wünsche mir nicht nur Beachtung, sondern die Achtung aller Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Identität.